Brasilien: Wie Jesus ist er ein Menschenfischer

8/03/2022 Leuven – Lediglich 600 Kilometer trennen Santa Isabel do Rio Negro, eine Flussstadt tief im Amazonasgebiet, vom Priesterseminar San José in Manaus, aber man könnte meinen, es handele sich um zwei ganz unterschiedliche Welten.

In der Stadt am Flussufer begann Rolissons Weg zum Priesterseminar, und die Zeit im Amazonasgebiet ist ihm noch gut in Erinnerung. „Ich wurde in Manaus geboren. Meine Mutter war zu jung, um sich um mich zu kümmern, und hatte finanzielle Probleme, sodass ich zu meinen Großeltern nach Santa Isabel do Rio Negro geschickt wurde. Meine Großeltern waren gläubige Katholiken. Sie konnten kaum lesen und schreiben, aber wir haben jeden Tag den Rosenkranz gebetet und über das Evangelium nachgedacht, und jeden Sonntag gingen wir zur heiligen Messe“, erinnert er sich.

Eine seiner liebsten Erinnerungen ist das Fischen zusammen mit seinem Großvater. Für die Gemeinde war der Fluss alles: Zugangsweg, Erholungsort, aber vor allem ein Ort des Lebens und des Lebensunterhalts. Da sie sich keinen Außenbordmotor leisten konnten, ruderten sie zu nahe gelegenen Inseln, wo sie stundenlang fischten, um etwas zu den Mahlzeiten beizutragen.

Rolisson war erst zwölf Jahre alt, als er, in der Hängematte liegend, seiner Großmutter anvertraute, dass er Priester werden wolle. „Ich wollte Priester werden wegen der Kleidung und des Rituals, das hat mich fasziniert“, gibt er zu.

Als sich dies jedoch herumsprach, wurde er von seinen Freunden gehänselt. Deshalb gab er die Idee auf. Seine Jugendzeit war von Verfehlungen geprägt: exzessives Feiern, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie Frauengeschichten gehörten dazu. Er hörte auf, den Glauben zu praktizieren und darüber nachzudenken. Doch trotz allem blieben seine Großeltern immer an seiner Seite. „Damals war ich nicht in der Lage, ihre Enttäuschung über mich zu verstehen. Aber diese Erfahrungen waren auch wichtig, denn ich denke, dass ich jetzt besser gerüstet bin, um andere junge Menschen in ähnlichen Situationen zu erreichen“, sagt er.

Schließlich zog er nach Manaus, um die Schule fortzusetzen und mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zusammenzuleben. Paradoxerweise war es die Trennung von seinen katholischen Großeltern, die ihn auf den Weg zurück in die Kirche brachte. „Meine Mutter und meine Geschwister sind evangelikal. Sie stellten mir Fragen zu meinem katholischen Glauben, aber ich konnte sie nicht beantworten. Also habe ich mich auf die Suche nach einer Gemeinschaft mit katholischen Gläubigen in der Nähe meines Wohnorts gemacht. Ich habe mich engagiert und bin einer Jugendgruppe beigetreten“.

Er studierte und bekam schließlich einen Job. Was er seiner Großmutter einmal anvertraut hatte, war ihm jedoch im Hinterkopf geblieben. Nun tauchte es wieder auf. Da er das Leben im abgelegenen Amazonasgebiet selbst erlebt hatte, wusste er am besten, wie sehr diese Gemeinden Priester brauchen. „Einige der Ufergemeinden werden nur einmal im Monat oder sogar nur einmal im Jahr von einem Priester besucht: Der Priester kommt, feiert eine Messe und kehrt wieder in die Stadt zurück. Das ist einer der Gründe, warum ich Priester werden möchte, um diesen Menschen die Sakramente und das Evangelium zu bringen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen“, erklärt er.

Der letzte Schritt fiel ihm nicht leicht. Am schwersten war es, einen sicheren und vielversprechenden Arbeitsplatz für die Ungewissheit eines Lebens im Seminar aufzugeben. In einer Region Brasiliens mit kaum Arbeitsplätzen und weit verbreiteter Armut ist auch die Kirche arm. Die Lebenshaltungskosten des Priesternachwuchses werden durch Spenden bestritten. Über seine Wohltäter ist Kirche in Not einer der wichtigsten Geldgeber für diese Ausbildung. Der derzeitige Rektor des Priesterseminars San José, Pater Zenildo Lima, meint, dass dies die Ortskirche dazu gebracht hat, den Begriff der Synodalität besser zu verstehen.

Pater Zenildo Lima, Rektor des Priesterseminars San José

„Synodalität bedeutet, dass wir alle gemeinsam denselben Weg gehen. Wir sprechen nicht aus der Ferne über dieses oder jenes Projekt, das wir unterstützen, sondern wir sind Teil dieses Projekts. Das dient der lokalen Bevölkerung, aber auch mir. Diese Menschen sind nicht nur Gegenstand meiner Hilfe, sondern sie sind Menschen, mit denen ich durch das synodale Leben der Kirche verbunden bin“, sagt er.

Im Priesterseminar San José leben inzwischen viele Studenten, darunter auch Angehörige verschiedener indigener Gemeinschaften, die dazu beitragen werden, die Sprache des Evangeliums an ihre eigenen sozialen und kulturellen Gegebenheiten anzupassen.

Rolisson ist immer wieder bewegt, wenn er Passagen aus den Evangelien liest, die sich auf den Fischfang beziehen. „So wie Jesus am Ufer des Sees von Galiläa entlangging, um seine Jünger – einfache Menschen – zu Menschenfischern zu machen, so ruft Er auch uns, die Ufergemeinden, damit wir seine Jünger werden und das Evangelium verkünden“.

So wie jeder Fischer eine bestimmte Ausstattung benötigt, um seinen Beruf ausüben zu können, so brauchen auch diese neuen Menschenfischer, die dazu berufen sind, die Amazonasgebiete zu evangelisieren, eine Ausbildung und materielle Güter wie moderne Boote, um ihren Herden besser dienen zu können. Und genau hier hilft Kirche in Not.

„Ich möchte allen Wohltätern von Kirche in Not für ihre Hilfe danken und sie bitten, uns weiterhin zu unterstützen, damit wir mehr Priester für unser Amazonasgebiet und für die ganze Welt haben, damit wir weiterhin die Eucharistie und unsere pastorale Arbeit an die entlegensten Orte bringen können“, sagt abschließend Rolisson Afonso.

 

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