Nigeria: Trotz Attacken und Radikalisierung – der Glaube wächst

Erzbischof aus Kaduna zur Lage des Christentums in seiner Heimat

Msgr. Matthew Ndangoso

12/02/2018 Löwen – Obwohl die Regierung Anstrengungen unternommen hat, die von Boko Haram besetzten Gebiete wieder unter Kontrolle zu bekommen, finden immer wieder Übergriffe auf Christen und ihre Gemeinden statt, vor allem im Nordosten. Matthew Man-Oso Ndagoso war zuletzt am 2. November letzten Jahres zu Besuch in seiner alten Diözese in Maiduguri. Zwei Tage später gab es einen wieder einen Angriff. Zwar ist der heutige Erzbischof von Kaduna dabei mit dem Leben davon gekommen, „doch es gab wieder viele Tote – solche Angriffe machen unseren Alltag sehr unsicher,“ sagt der Ndagoso. In Nigeria gibt es derzeit laut internationalen Angaben annähernd 1,8 Millionen Binnenflüchtlinge, mindestens 140.000 sind aufgrund anhaltender Überfälle allein im letzten Jahr hinzugekommen. Attackiert werden vor allem Märkte sowie Kirchen und in letzter Zeit – laut Ndagoso – auch Moscheen. „Terroristengruppen geben vor, beten zu wollen. Sie mischen sich unter die Versammelten in Räumen, wo üblicherweise niemand Bombenattentate vermutet.“ So werde Konfusion verbreitet. Der Erzbischof nennt Entführungen heute als eines der größten Probleme und Lösegelder, die erpresst werden.

Inzwischen haben sich weitere Gruppen radikalisiert. Darunter Mitglieder des Nomaden-Hirtenvolkes der Fulani. Es fällt auf, dass sie mit modernen Waffen ausgestattet sind – ein Umstand der darauf deutet, „dass hinter solchen Gruppen starke Kräfte stehen, die Beziehungen zu Terrororganisationen IS und Al-Qaeda haben“, schildert Ndagoso. Doch so sehr die Attacken Christen auch treffen, „desto stärker werden sie im Glauben.“ Nicht nur die Zahl der Studenten in den Priesterseminaren in Nigeria sei gewachsen, sondern auch die der Christen insgesamt. „In den vergangenen vier Jahren habe ich jährlich mindestens drei neue Pfarreien eröffnet“, berichtete der Erzbischof aus Kaduna. Dabei ist das Umfeld in seiner Diözese im Norden Nigerias für Christen alles andere als einfach: Sie sind eine Minderheit innerhalb einer muslimischen Mehrheit; es gilt teilweise die islamische Gesetzgebung der Scharia. Es gibt immer wieder Anschläge auf Kirchen. Der Bau neuer Kirchen wird nicht genehmigt. Das Haus in Maiduguri, wo Ndagoso früher noch als Bischof wohnte, wurde damals von Boko Haram zerstört. Diese Terrorgruppe entstand in einer Moschee in der Nachbarschaft des Bischofshauses.

Für die Christen seiner Diözese seien die Aktivitäten von Boko Haram wie „ein Weckruf“ gewesen, so Ndagoso. Ein Beispiel sei eine Kirche in der Stadt Kaduna, auf die 2012 ein Anschlag mit mehreren Toten und über hundert Verletzten verübt worden sei. Vor dem Anschlag habe es dort drei Gottesdienste in der Woche gegeben, jetzt gebe es fast täglich eine heilige Messe. Seit dem Anschlag habe sich die Zahl der Gläubigen verdreifacht. Dank der Hilfe von „Kirche in Not“ konnte das benachbarte und ebenfalls zerstörte Pastoralzentrum wiederaufgebaut werden.

Mit Blick auf die Rolle der Christen in seinem Land betonte Ndagoso: „Wir müssen so geduldig sein, wie Gott es mit allen Menschen war über Jahrtausende – wir müssen immer wieder selbst die Initiative ergreifen, uns für die Wahrheit einsetzen – denn unser Gott ist ein Gott des Friedens und nicht der Gewalt.“

Die transparente Hilfsleistung der Christen im Nordosten Nigerias hat dazu geführt, dass auch Regierungsstellen der Kirche Hilfsgüter zugewiesen haben zur weiteren Verteilung an Vertriebene.

Seit über zehn Jahren unterstützt Kirche in Not Nigeria mit über 9,6 Millionen Euro, davon allein rund 1,8 Million Euro im vergangenen Jahr. Neben dem Wiederaufbau gewaltsam zerstörter kirchlicher Gebäude hat die internationale Hilfsorganisation Kirche in Not in Maiduguri ein Sonderprogramm für Witwen- und Waisenhilfe für die Opfer von Boko Haram eingerichtet.

Von Tobias Lehner & Karla Sponar

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