Madagaskar: Islamisierung in vollem Gange

Msgr. Désiré Tsarahazana

14/06/2018 Leuven – Während die Insel wenige Monate vor den  Präsidentschaftswahlen eine schwere politische Krise durchlebt, wurde Erzbischof Désiré Tzarahazana, und der zugleich der Vorsitzende  der Bischofskonferenz von Madagaskar ist, vom Papst zum Kardinal ernannt. Obgleich es schwierig ist, zuverlässige Statistiken zu finden, gibt der letzte „Bericht zur Religionsfreiheit weltweit“ die Anzahl der Christen auf der Insel mit 56 Prozent an. In einem von Amélie de La Hougue geführten Interview im Rahmen seines Besuches des Hauptsitzes der päpstlichen Stiftung Kirche in Not sprach der Erzbischof über die Lage in seinem Land.

Vor welcher besonderen Herausforderung steht die Kirche in Ihrem Land?

Vor der Notwendigkeit, die Evangelisierung zu vertiefen. Ich stelle mir die folgende Frage: Warum befinden wir uns in einer derart kritischen Situation, während zugleich die Zahl der Christen zunimmt und unsere politischen Führer mehrheitlich Christen sind? Wenn wir wirklich Christen wären, würden wir uns in einer anderen Lage befinden. Daher meine Frage: Wie tief ist unser Glaube? Rein von der Anzahl her stimmt es, aber dies ist nicht das Wesentliche. Wenn jemand seinen Glauben bezeugt, aber am nächsten Tag seinen Nachbarn beraubt oder sich nicht für das Leben anderer interessiert, so handelt es sich um einen Glauben, der nicht in Fülle gelebt wird.

Welches sind die Stärken der katholischen Kirche?

Wir sind bereit, anzuprangern, was schlecht ist. Wir haben den Mut, uns zu äußern und die Wahrheit zu sagen, ohne dabei zu «politisieren». Wir sind keine interessierte Partei wie andere Gruppierungen. So gibt es zum Beispiel protestantische Pastoren, die Minister des Präsidenten werden wollen. Ich kann versichern, dass die katholische Kirche in Madagaskar die einzige glaubwürdige Institution ist.

Sind Sie auch von einer Islamisierung des Landes betroffen?

Ja, die zunehmende Islamisierung ist spürbar und sichtbar! Es ist eine Invasion. Mit Geld aus den Golfstaaten und Pakistan werden die Menschen «gekauft»: Es gibt Jugendliche, die in Saudi-Arabien studieren und die dann, wenn sie nach Madagaskar zurückkehren, das Amt eines Imams ausüben.  Wir haben ein Treffen mit den Imamen vereinbart, um ihnen unsere Sorge mitzuteilen. Einer der Imame war ein ehemaliger Seminarist. Sicher, er sagte nicht, dass das Geld ihn angezogen habe, aber der Grund lag in der hier herrschenden Armut. Auf die Menschen wird Druck ausgeübt. Im Norden zum Beispiel gibt man den Frauen Geld, damit sie sich voll verschleiern, auf der Straße die Burka tragen; dies mit dem Ziel, die Ausbreitung des Islam im Land sichtbar zu machen.  Spät abends ziehen diese Frauen dann wieder ihre übliche Kleidung an.

In meiner Diözese werden überall Moscheen gebaut, auch wenn es gar nicht so viele Muslime gibt. Es gibt jedoch ein Projekt mit dem Ziel, in Madagaskar mehr als 2.600 Moscheen zu bauen!  Auch wird dafür gesorgt, dass sehr viele Muslime aus der Türkei hierher kommen, ein Phänomen, das uns sehr beunruhigt: Ein- oder zweimal die Woche bringt die Fluggesellschaft Turkish Airlines massenweise Muslime, die sich hier im Land niederlassen. Selbst mitten auf dem Land, so dass man nicht recht weiß, was sie dort tun, aber sie richten sich dort ein und kehren nicht in ihr Heimatland zurück.  Die Bevölkerung ist arm, aber für 22 Millionen Einwohner ist das Land riesig, so dass es für alle genügend Platz gibt.

Sehen Sie die Gefahr eines radikalen Islam?

Zurzeit bemerkt man noch nicht viel davon, aber wer weiß, was die Zukunft bringen wird. Sie fangen an, sich hier niederzulassen und in dem Maße, in dem die Anzahl an Fundamentalisten zunimmt, fragt man sich: Wann werden sie sich zeigen, wie sie wirklich sind, und dies beunruhigt uns in der Tat.

Auf den Komoren, also  in unserer Nähe, lebt ein großer Teil der Bevölkerung einen radikalen Islam und auch diese Leute ziehen in großer Anzahl auf das Festland nach Madagaskar, vor allem in  Mahajanga. Dort heiraten sie einheimische Frauen. Die aus diesen Ehen hervorgehenden Kinder werden im Sinne eines radikalen Islam erzogen.

Wie reagiert die Regierung hierauf?

Wir haben uns bei zahlreichen Gelegenheiten versammelt, um sie zu alarmieren und ihnen diese Situation zu erklären. Sie tun aber nichts, es gibt nur Heuchelei und wir fragen uns, ob wir nicht Rufer in der Wüste sind … Oft treffen wir auf politische Führer, auch hochrangige, um ihnen zu erklären, was nicht funktioniert, wie, zum Beispiel, der Landraub. Einen Teil unseres Landes hat uns ein Krimineller geraubt, den die ganze Welt kennt. Sie haben ihn aber nicht nur nicht davon abgehalten, sondern er hat sogar den Gerichtsprozess gewonnen (!). Wir werden wirklich von korrupten Leuten regiert…

Die Präsidentschaftswahlen finden im November dieses Jahres statt?

Es ist alles etwas kompliziert. Wir wissen noch nicht, was passieren und in welche Richtung es sich entwickeln wird. Wir beten aber zu Gott, dass alles gut gehen und der Heilige Geist uns führen möge, damit wir einem Chaos entkommen.

Letztes Jahr waren mehrere Angriffe auf katholische Klöster zu verzeichnen.  Was ist daraus geworden?

Nach solchen Angriffen kehrt zunächst Ruhe ein, dann gibt es erneut welche, leider besteht dieses Phänomen der Unsicherheit weiterhin und ist zu beklagen, sowohl in den Städten als auch auf dem Land. Die Menschen haben wegen dieser Unsicherheit Angst, zur Arbeit zu gehen. Und aufgrund der Ungerechtigkeit nehmen die Leute hier das Recht selbst in die Hand. Zurzeit herrscht hier also die «Selbstjustiz»…Wie Sie sehen, müssen wir uns vielen Herausforderungen stellen, um unser Land in Ordnung zu bringen.

Haben Sie genügend Priester, die für die von Ihnen zuvor genannte Evangelisierung missionarisch tätig sein könnten?

In meiner Diözese (Toamasina) habe ich nicht genügend Priester, weshalb ich Missionare um Hilfe bitte. Wir bemühen uns, allen eine gute Ausbildung zu geben, angefangen bei  den Seminaristen. Die Anzahl der Seminaristen nimmt zu,  aber wegen der herrschenden extremen Armut müssen wir uns immer fragen,  ob es sich um echte Berufungen handelt oder ob sich dahinter das Bedürfnis nach materieller Sicherheit verbirgt. Man muss deshalb gut unterscheiden. Außerdem gibt es wegen der Armut auch nicht die Straßen und Kommunikationsmittel, über die wir die Bevölkerung jeder Ortschaft erreichen könnten, alles ist sehr schwierig. Unser Ziel ist es, über einen Radiosender zu verfügen, der jeden Ort unserer Diözese erreichen kann, damit das Wort Gottes und der Kirche von allen Familien gehört werden kann. Und warum nicht auch einen Fernsehsender!

Herr Erzbischof, könnten Sie uns etwas über die Fortbildungskurse für Ausbilder der größeren Priesterseminare sagen, die im Rahmen eines von Kirche in Not unterstützten Projektes jeden Sommer in Rom stattfinden?

Dies ist wirklich eine hilfreiche Initiative, wofür wir von Herzen danken!  Wir sind damit sehr zufrieden und von dem Nutzen dieser Schulung überzeugt. Wir danken Ihnen dafür und gratulieren Ihnen zu dieser Initiative. Ich kann bezeugen, dass es eine Initiative ist, die es wert ist, dass sie fortgeführt wird.

Glauben Sie, dass Papst Franziskus Madagaskar, wie im März vorgeschlagen, besuchen wird? Was für eine Botschaft erwarten Sie sich vom Papst?

Ich kann es nicht ganz sicher versprechen, aber ich hoffe es. Er weiß, wie sehr wir uns dies wünschen und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er uns im nächsten Jahr besuchen wird. Es gibt viele Botschaften, die wir gerne hören würden. Vor allem aber, dass er hervorhebt, wie wichtig es ist, gerecht zu sein, die Korruption einzudämmen, das Land gut zu regieren…damit alle versuchen, gute Bürger und Christen zu sein.

Möchten Sie sich nun an unsere Wohltäter wenden?

Die Situation in Madagaskar ist wirklich kritisch und nun treten wir in eine neue Krise ein. Deshalb brauchen wir zurzeit ganz besonders Ihre Unterstützung. Darüber hinaus danke ich allen Wohltätern für ihre Initiativen und Gebete. Bitte, beten Sie dafür, dass es hier zu Veränderungen kommt, die im Einklang mit dem Evangelium stehen und bitte beten Sie auch für mich. Tausend Dank.

Von Amélie de La Hougue

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