„Wir trauern um einen Botschafter des Dialogs und der Barmherzigkeit“
22/04/2025 Leuven – „Papst Franziskus war der Pontifex für die Menschen an den Rändern der Gesellschaft sowie ein unermüdlicher Kämpfer für Religionsfreiheit und bedrängte Christen. So behalten wir ihn in Erinnerung und vertrauen darauf, nun einen weiteren Fürsprecher für unser Werk im Himmel zu haben.“ Das erklärt die Geschäftsführende Präsidentin des Päpstlichen Hilfswerks Kirche in Not (ACN), Regina Lynch, zum Tod des Papstes, der am 21. April 2025 im Alter von 88 Jahren verstorben ist.
„Ich bin Papst Franziskus mehrfach begegnet, er hat dabei immer wieder sein Wohlwollen für unseren Einsatz zum Ausdruck gebracht“, so Lynch. Besonders in Erinnerung sei ihr geblieben, wie sie im März 2021 als Vertreterin der Vereinigung der Ostkirchenhilfswerke ROACO zur Delegation von Papst Franziskus bei seiner Reise in den Irak gehörte. Er besuchte dort auch die Ninive-Ebene, wo Kirche in Not zahlreiche Wohnhäuser von Christen sowie Kirchen und Klöster wiederaufgebaut hat. „Im Flugzeug hatte ich damals die Gelegenheit, mit Papst Franziskus zu sprechen. Er hat Kirche in Not und den Wohltätern sehr für alles gedankt, was wir für die Christen im Nahen Osten und weltweit tun. Das hat er auch bei anderen Gelegenheiten wiederholt“, betont die Präsidentin.
So hatte Papst Franziskus im Jahr 2016 mit einer persönlichen Spende an Kirche in Not die medizinische Versorgung von aus der Ninive-Ebene vertriebenen Christen unterstützt, die in der autonomen Region Kurdistan Zuflucht gefunden hatten. Ebenfalls im Jahr 2016 empfing Papst Franziskus eine Delegation von Kirche in Not und ließ den Wohltätern des Hilfswerks per Video eine spontane Grußbotschaft zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit zukommen. Darin sagte er unter anderem: „Ich lade Sie alle ein, mit Kirche in Not auf der ganzen Welt Werke der Barmherzigkeit zu tun, und zwar bleibende Werke der Barmherzigkeit.“
Gesten voller Humor und Herzlichkeit
Im Jahr 2017 signierte Papst Franziskus ein gespendetes Auto der Marke Lamborghini und ließ es versteigern. Ein Drittel des Erlöses ging an Kirche in Not mit der Bitte, damit Projekte für Christen im Irak zu unterstützen. „Aktionen wie diese unterstreichen den feinen Humor des Papstes, für den ihn so viele Menschen geliebt haben“, betont Lynch.
Im Jahr 2018 entzündete Papst Franziskus beim sonntäglichen Angelusgebet auf dem Petersplatz eine Kerze, die von Projektpartnern von Kirche in Not in Syrien gefertigt worden war, und bekundete damit seine Unterstützung der Adventskampagne „Kerzen für den Frieden in Syrien“ des Hilfswerks. „Mögen diese Flammen der Hoffnung die Dunkelheit des Krieges vertreiben“, sagte der Papst damals. „Lasst uns beten und den Christen helfen, als Zeugen der Barmherzigkeit, Vergebung und Versöhnung im Nahen Osten zu bleiben.“
Geistliche Nähe zu bedrängten Christen

Im August und September 2019 empfing Franziskus weitere Delegationen von Kirche in Not. Dabei segnete er 6000 Rosenkränze und eine Ikone – Teil einer pastoralen Initiative von Kirche in Not zusammen mit lokalen Kirchen in Syrien, um den Hinterbliebenen von Kriegsopfern Trost zu spenden. Nach der Segnung der Rosenkränze am 15. August hatte Papst Franziskus den damaligen Geschäftsführenden Präsidenten Thomas Heine-Geldern zum Angelusgebet am Fenster des Apostolischen Palastes eingeladen und dabei nochmals zum Gebet für Syrien aufgerufen.
Zweimal empfing der Pontifex auch Frauen aus Nigeria, die durch die Terrorgruppe Boko Haram verschleppt und misshandelt worden waren. Kirche in Not hatte ihre Traumabehandlung unterstützt und sie nach Europa eingeladen, um Zeugnis von ihrem Schicksal zu geben.
„In unzähligen Reden hat Papst Franziskus Stellung bezogen für die verfolgten Christen und das Menschenrecht auf Religionsfreiheit. Jede dieser Äußerungen, jedes Gebet, jede Geste der Zuwendung hat unsere Projektpartner getröstet und ihnen ihre Würde zurückgegeben. Dafür sind wir unendlich dankbar“, sagt Lynch.
Papst Franziskus habe auch unbeirrt von einer „höflichen“, versteckten Diskriminierung von Christen gesprochen, die sich in der westlichen Welt immer weiter ausbreite, betont die Präsidentin von Kirche in Not. „Wir sind dem Heiligen Vater dankbar für diese mutige Analyse. Das sollte uns aufrütteln, gemeinsame Werte zu bewahren, die den Gläubigen aller Religionen heilig sind.“
Papst des Dialogs

Unvergessen seien auch die zahlreichen Bemühungen von Papst Franziskus im ökumenischen und interreligiösen Dialog. Ausdruck sei zum Beispiel die zusammen mit muslimischen Religionsführern verfasste Erklärung von Abu Dhabi zur Brüderlichkeit aller Menschen. „Für unsere Projektpartner im Nahen Osten und in Afrika ist dieser Dialog ein sehnlicher Wunsch und eine Notwendigkeit, um gemeinsam gegen Intoleranz und Fundamentalismus aufzutreten und die Religionsfreiheit für alle Menschen zu gewährleisten. Papst Franziskus hat auch hier Maßstäbe gesetzt“, betont Lynch.
Das gelte auch für die Begegnung von Papst Franziskus mit Schiitenführer Ajatollah Ali al Sistani während seiner Irakreise 2021: „Dieser mutige Schritt hat der christlichen Minderheit im Irak größere Aufmerksamkeit verschafft und war ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung – auch wenn dieses Ziel noch längst nicht erreicht ist.“
Im Jahr 2017 hatte auch das Zusammentreffen und die gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill auf Kuba internationale Beachtung hervorgerufen. „Auch wenn dieser Dialog infolge des Ukrainekriegs schwere Rückschläge erlitten hat: Die Tür muss offenbleiben“, erklärt die Präsidentin von Kirche in Not. „So viele Christen sind zur Zeit des Kommunismus für den gemeinsamen Glauben gestorben. Zur Aussöhnung ist es nach den jüngsten Ereignissen sicher ein langer Weg, aber er entspricht dem Auftrag Jesu.“
Evangelisierung und Gebet
Nicht nur im Einsatz für Religionsfreiheit und verfolgte Christen habe es viele Berührungspunkte mit dem verstorbenen Papst gegeben, sondern auch im Einsatz für Evangelisierung und Gebet: So hatte Papst Franziskus zum Beispiel mehrfach seine Unterstützung für die internationale Aktion „Eine Million Kinder beten den Rosenkranz“ ausgedrückt, zu der Kirche in Not jedes Jahr einlädt. Im Oktober 2021 sagte er auf dem Petersplatz: „Am 18. Oktober veranstaltet das Hilfswerk Kirche in Not die Kampagne, Eine Million Kinder beten den Rosenkranz‘ für Einheit und Frieden. Ich ermutige zu diesem schönen Ereignis, an dem Kinder auf der ganzen Welt beteiligt sind.“
Bereits im Jahr 2018 hatte er das Vorwort zu YOUCAT for Kids geschrieben, einem Buch zum besseren Verständnis des Glaubens, das sich an die Jugend von heute richtet. Kürzlich schrieb er auch das Vorwort zur nächsten YOUCAT-Veröffentlichung ‚Liebe für immer‘ über die Liebe und die Ehe. Papst Franziskus spricht darin über den typischen Tanz seines Heimatlandes Argentinien, den Tango, und erinnert an die Bedeutung von ‚Amoris Laetitia‘. „Er ermutigt junge Menschen, an das Abenteuer einer ewigen Liebe zu glauben und spricht von einem ‚Tanz der Hoffnung‘. Wir hoffen, dass er jetzt die Fülle dieser Liebe genießt, an die er so fest geglaubt hat“, so Lynch.
„Wir trauern um einen Botschafter des Dialogs, der Begegnung und der Barmherzigkeit. Gott vergelte ihm seinen treuen Dienst. Wir werden die Mission von Papst Franziskus, der gerade durch seine Reisen oft die „Menschen an den Rändern“ in den Mittelpunkt gestellt hat, fortsetzen und stellen uns als Päpstliches Hilfswerk auch dem künftigen Heiligen Vater zur Verfügung, so wie wir es von Beginn unseres Werkes an getan haben.“