Kirche in Not fördert den Kurs „Good Samaritan“ zur Heilung von Traumata und zur Unterstützung syrischer Familien.

“Pater Andrzej Halemba

18/10/2018 Leuven – „Der Krieg in Syrien lässt nicht nach. Und acht Jahre Kämpfe hinterlassen Narben, die nicht verblassen“, sagt Pater Halemba, Leiter der Projektabteilung für den Nahen Osten von Kirche in Not International. Jeder militärische Konflikt ist ein Auslöser für großes Leid, besonders für die Kinder. Syrien ist da keine Ausnahme. Die Folgen dieser Kriegserfahrungen gehen weit über die menschliche Belastbarkeit hinaus. Das ist der Grund für die Entschlossenheit von Kirche in Not , denen zu helfen, die geistlich und psychisch leiden. Die Seminare „Good Samaritan“ – zu Deutsch „Barmherziger Samariter“ –  zur Heilung von Kriegs-Traumata sind eine der von Kirche in Not unterstützten Initiativen. Die Kurse finden im Karmeliter-Heiligtum des „Heiligen Jesuskindes“ in Jounieh im Libanon statt. „Die Zeit heilt keine Traumata – fügt Pater Halemba hinzu – deshalb muss einem Menschen geholfen werden, Leiden in Worte zu fassen und schlimme Erinnerungen zu verarbeiten. Wenn wir syrischen Familien und Gemeinschaften nicht helfen, zu genesen, wer wird es dann tun?“

„Das Leid des Krieges erlischt nicht“, sagt Pater Andrzej Halemba, „sondern die Auswirkungen wachsen wie ein Tumor – die Zahlen sprechen für sich. Nach Angaben der Vereinten Nationen benötigen mehr als 13 Millionen Menschen in Syrien humanitäre Hilfe. Die Hälfte von ihnen sind Kinder. Sie sind am stärksten gefährdet, verstümmelt oder durch Vergewaltigung, Zwangsehen, Sklavenarbeit, Nahrungsmittelknappheit und minimalem Zugang zu medizinischer Versorgung oder Bildung lebenslang gezeichnet zu werden“.

Laut einem Bericht von Pater Halemba, der vor kurzem eine Reise nach Syrien unternommen hat, „verschlimmern die verhängten Wirtschaftssanktionen die Situation nur noch. Im Gegensatz zum erklärten Ziel bestrafen diese Sanktionen die Zivilgesellschaft, indem sie die humanitäre Hilfe in dem vom Krieg verwüsteten Land einschränken, in dem 6,6 Millionen Menschen Binnenvertriebene sind und fast 3 Millionen in schwer zugänglichen und belagerten Gebieten leben“.

Die lokalen Kirchen spielen, dank internationaler Unterstützung, eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung umfassender Hilfen. „Christen in Syrien versuchen bescheiden zu leben und Frieden mit der Vergangenheit zu schließen. Aber viele sind geistlich und psychologisch angeschlagen und brauchen dringend Unterstützung“, sagt der polnische Priester. „Langfristige Belastungen durch Krieg und Nachkriegsbelastungen verursachen schwerwiegende psychologische Folgen. Die Kriegserfahrungen führen zu schweren Traumata, die gerade für Kinder, unüberwindbar sein können. Die Traumata führen zu dramatischen Verhaltensänderungen, die zu Beziehungsproblemen, Gewalt und anderen psychischen Störungen führen können. Es ist mit einem massiven Anstieg posttraumatischer Belastungsstörungen zu rechnen. Das habe ich auf meinen Reisen nach Syrien gehört und erlebt.“ Die posttraumatische Belastungsstörung ist nur eine der Störungen im breiten Spektrum der posttraumatischen Reaktionen.

„Zeit heilt keine Traumata“, betont Pater Halemba. „Deshalb muss einem Menschen geholfen werden, Leiden in Worte zu fassen und schlechte Erinnerungen zu bewältigen. Wenn wir ihnen nicht helfen, wer wird es sonst tun?“ reflektiert der Priester und fährt fort: „Aus diesem Grund initiiert Kirche in Not dieses neue Projekt zur Unterstützung und Betreuung bei der Heilung von Menschen mit psychischen Leiden, insbesondere bei Kindern. Aufgrund der Versorgungsengpässe und der in die Höhe schnellenden Preise für medizinische Leistungen, können sich die meisten Menschen in Syrien überhaupt nicht behandeln lassen.

Der „Good Samaritan“-Kurs zur Behandlung von Traumata wird in Zusammenarbeit mit Partnern der lokalen Kirche und Laien aus anderen Ländern durchgeführt. Es handelt sich dabei nicht um eine einmalige Veranstaltung, sondern um ein längeres Programm, das wöchentliche Wiederholungstreffen und eine individuelle Betreuung vorsieht. Die erste Sitzung findet vom 8. bis 23. Oktober 2018, im Karmeliter-Heiligtum des „Heiligen Jesuskindes“ in Jounieh im Libanon, statt. Dieser Auftakt ist speziell auf Priester und Laien ausgerichtet, die das Projekt anschließend in Syrien leiten werden.

Ein aktueller Bericht von Unicef ergab, dass 2017 mit 910 Opfern das bislang schlimmste Kriegsjahr für Kinder war. Laut diesem Bericht hatten die meisten Kinder Granateneinschläge in ihrer unmittelbaren Umgebung erlebt. Sie sind traumatisiert durch Tod ihrer Angehörigen, leiden unter extremen Alpträumen, den täglichen Erinnerungen Angst, Unsicherheit und Verbitterung. Etwa 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen waren von Scharfschützen beschossen worden, und 66 Prozent gerieten in Situationen, in denen sie dachten, sterben zu müssen. Beinahe jedes vierte Kind wurde bislang im Krieg verwundet. Die Zahl der Waisenkinder hat stark zugenommen. Die Angehörigen dieser „verlorenen Generation“ sind unter 15 Jahre alt und haben noch nie eine Schule besucht. Die Zahl der Analphabeten ist enorm. Viele von ihnen leiden unter Depressionen und sind selbstmordgefährdet. Die Zahl der Todesfälle von Kindern ist im vergangenen Jahr um 50% gestiegen, und die Zahl der jugendlichen unter den Soldaten hat sich seit 2015 verdreifacht.

Pater Halemba betont, dass Kirche in Not sein Bestes geben wird, um diese Projekte zu fördern, die den Kindern und Jugendlichen Syriens Hoffnung geben, sowohl durch therapeutische Maßnahmen, als auch durch kirchliche Sommercamps, Familienexerzitien, regionale Jugendtage usw. „Für viele von ihnen ist es das erste Mal in ihrem Leben, dass sie an solchen Jugendveranstaltungen teilnehmen“.

Der „Good Samaritan“-Kurs zur Traumabehandlung ist eine weitere Initiative von Kirche in Not , um die Ortskirchen bei ihrem Einsatz für die notleidende Bevölkerung zu unterstützen. Zusätzlich zum therapeutischen Effekt hofft Kirche in Not , dass die Studie über die Verbreitung von Traumata und posttraumatischen Belastungsstörungen eine wichtige Hilfe für humanitäre Organisationen sein wird, die auf dieses Gebiet spezialisiert sind.

Der Krieg in Syrien befindet sich im achten Jahr. Die Wohltäter von Kirche in Not haben unsere armen und verfolgten Brüder und Schwestern mit mehr als 28 Millionen Dollar unterstützt.

Von Irmina Nockiewicz

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