Syrien : Das Inferno von Damaskus

23/02/2018 Löwen – Nach einer Meldung, die die päpstliche Stiftung Kirche in Not von der Hilfsorganisation ‘Caritas International’ erhalten hat, ist die Situation in der syrischen Hauptstadt dramatisch. Die Menschen trauen sich kaum noch, ihre Häuser zu verlassen.

In den letzten drei Tagen kam es in Damaskus erneut zu einem plötzlichen Anstieg der Gewalt, von dem auch das von Rebellen kontrollierte Ost-Ghouta betroffen ist. Berichten zufolge wurden mehr als 250 Menschen getötet.

Caritas International beklagt in seinem Bericht, dass in den Medien „ein Teil der aktuellen Ereignisse der syrischen Geschichte vernachlässigt wird”, und weist auf die Tatsache hin, „dass die Mehrheit der Nachrichten sich auf die russischen und syrischen Luftangriffe auf Ost-Ghouta, die dortigen humanitären Bedingungen, die Todesfälle und Notlagen, konzentriert, jedoch kaum über die Situation in der angrenzenden Stadt Damaskus informiert, die seit Beginn des Jahres 2018 von Mörsergranaten attackiert wird”.

„Stadtviertel von Damaskus wurden seit dem 22. Januar von Mörsergranaten getroffen, besonders betroffen sind die Viertel Bab Touma, Abbassyin, Kassaa, Koussour und Jaramana”. In den östlichen Stadtvierteln von Damaskus befindet sich das christliche Gebiet und die Mehrheit der Diensträume der Caritas und der Klöster der Stadt. „Seit dem 5. Februar bis heute schlugen mehr als 200 Mörsergranaten in den östlich gelegenen Stadtvierteln von Damaskus ein und verursachten mehr als 28 Tote und 90 Verletzte”, erklärt der Bericht.

Nach Angaben einer weiteren Quelle der internationalen Hilfsorganisation Kirche in Not dauerten die Angriffe am gestrigen Mittwoch den ganzen Tag an und waren während der Nacht besonders heftig, als – nach noch nicht bestätigten Quellen – insgesamt 51 Mörsergranaten über Bab Touma und die nähere Umgebung niedergingen. Die offizielle Bilanz spricht von mehr als 42 schwer verletzten Personen und zwölf Toten.

Mehrere der Mörsergranaten gingen darüber hinaus in unmittelbarer Nähe des Konventes von Schwester Annie Demerjian nieder, die im Gespräch mit Kirche in Not bestätigte, dass sowohl sie als auch die übrigen Bewohner des Konventes nur knapp dem Tod entgangen seien, da es „Gott sei Dank zu keiner Explosion kam“; andernfalls wären sie und einige Universitätsstudenten „verletzt oder getötet worden“. Die Ordensfrau der Kongregation von Jesus und Maria berichtete, dass die Fenster bebten und der Himmel, an einem der tödlichsten Tage des Konfliktes in der Hauptstadt von Syrien, „schwarz wurde“. „Gestern war es das reinste Inferno. Es regnete gleichsam Bomben. Es gab so viele Verletzte.“

Schwester Annie

Schwester Annie, mit der Kirche in Not zahlreiche pastorale Projekte und solche für Hilfe in Notlagen durchführt, schilderte, wie eine andere Schwester der Kongregation durch die Gassen laufen musste, um Bomben auszuweichen: „Ich telefonierte gerade mit Schwester Manal, während sie davoneilte. Ich sagte ihr: ‘Leg nicht auf, bleib am Telefon. ‘Manal sagte mir: ‘Es ist nicht möglich, den Himmel zu sehen, er ist ganz schwarz geworden.‘ Schließlich kam Schwester Manal endlich unverletzt im Konvent an. „Der Herr war gut zu uns. Bis jetzt ist niemand von uns verletzt worden; viele andere Personen haben jedoch gelitten.“

Caritas International berichtet von einem Angriff am 8. Februar, bei dem „ungefähr 70 Mörsergeschosse in vielen Wohngebieten von Damaskus einschlugen, wodurch mehr als 30 Personen verletzt wurden, fünf Menschen starben und es zu enormen materiellen Schäden in Wohnungen, an Geschäften und Autos kam”.

Auch die Dienststelle von Caritas International in Syrien war am 11. Februar von Angriffen betroffen, als „sieben Mörsergranaten das Stadtviertel Janayen Al-Wared trafen, nur wenige Meter von ihren Diensträumen entfernt. Zum Glück war unsere Dienststelle gerade geschlossen ”. Auf jeden Fall verursachten die Mörsergranaten „in der Zivilbevölkerung zahlreiche Verletzte”.

„Die Menschen in Damaskus sind sehr niedergeschlagen. In den letzten Monaten waren sie noch optimistisch und dachten, das Ende des Krieges sei gekommen; nun scheint es, als finge alles wieder von vorne an. Die Mehrheit der Familien, die im östlichen Teil der Stadt leben, können ihre Kinder − nach den Angriffen vom 22. Januar − nicht mehr in die Schule schicken. Die Hauptstraßen und wichtigsten Plätze, die tagsüber sehr belebt waren, sind nun fast menschenleer. Alle Menschen sind in ihren Bewegungen von einem Ort zum anderen sehr vorsichtig geworden”.

Die Zunahme der Gewalt steht im Zusammenhang mit einer groß angelegten Offensive von den mit Al-Qaida verbundene Gruppierungen, die am 1. Januar 2018 gestartet wurde, um eine sehr wichtige Militärbasis im östlichen Gebiet der Hauptstadt Damaskus zu erobern: „The Vehicle Base”, die eine große Anzahl von Soldaten und große Waffenlager beinhaltet. Seitdem versuchen Streitkräfte der Regierung, die Kontrolle der von den Rebellengruppen besetzten Zone zurückzuerobern, weshalb die Zivilbevölkerung beider Seiten unter ständigen Angriffen zwischen den bewaffneten Rebellengruppen und der syrischen Armee leidet.

Autoritäten der Gerichtsmedizin der syrischen Regierung berichteten von mindestens 35.000 Todesopfern seit 2011, die Mörsergranaten und Schüssen von Heckenschützen zum Opfer fielen.

„Bitte, beten Sie für uns hier in Syrien und helfen Sie uns, über unsere Sicht dieses Teils der Geschichte, der vernachlässigt wird und unser Leben und das unserer Lieben schwer trifft, mit einer Stimme zu sprechen, die auch gehört wird”, schließt der Bericht.

Schwester Annie bittet auch um Gebete für ihr Land: „Wir müssen weitermachen. Das Leben ist stärker als der Tod. Wir wissen nicht, wie lange diese Gewalt noch andauern wird, aber einmal wird sie auch ein Ende haben. Bitte, betet für uns! Es gibt nur einen Ausweg für uns: das Gebet“.

Pater Andrzej Halemba, Nahost-Referent der internationalen Stiftung Kirche in Not und zuständig für Syrienprojekte, bittet um Gebete „für die Christen in Syrien, die zur Zeit unter extrem schweren Bedingungen leben. Bitten wir auch um ein Ende der Feindseligkeiten und der Bombardierungen sowohl in Ost-Ghouta als in der Stadt Damaskus, in der Hunderte von Zivilisten– viele von ihnen Christen – Tag und Nacht, von unaufhörlichen Angriffen terrorisiert, ausharren”.

Syrien ist für Kirche in Not ein prioritäres Land. Letztes Jahr führte die Hilfsorganisation dort über 140 Projekte durch; die meisten davon waren Hilfe in Notlagen, einschließlich Nahrungsmittel, Unterkunft und Arzneimittel, aber auch pastorale Hilfe, Unterstützung von Ordensleuten, Messstipendien, Reparaturen von Kirchen und Klöstern.

Von Maria Lozano

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