Syrien: Mütter und Witwen stellen sich im Krieg übermenschlichen Herausforderungen

 

24/10/2018 Leuven – Im Tal der Christen, einer ländlichen Region in Syrien nahe der Grenze zum Libanon, hilft die Ortskirche dank der Unterstützung durch die Päpstliche Stiftung Kirche in Not tausenden Familien, die durch den Krieg vertrieben wurden und sich nun in einer besonderen Notlage befinden.

Das Leiden und die Hoffnungslosigkeit gehören zum Alltag der Syrer, die seit inzwischen mehr als 7 Jahren in einem Bruderkrieg leben. Zum großen Drama, mit dem Terrorismus zusammenleben zu müssen, die Heimat oder durch die Bomben gar alles verloren zu haben, kommt der Tod geliebter Menschen hinzu – der Tod aufgrund von Gewalt, aufgrund von Krankheiten oder aufgrund der schwierigen Lebensumstände in einer verarmten Gesellschaft.

Rasha Drazy war erst 23 Jahre alt, als ihr Mann Michael starb. Der junge Lkw-Fahrer fuhr auf der Route vom Tal der Christen nach Damaskus. Eines Tages wurde er vom Schuss eines Scharfschützen getroffen. Er war auf der Stelle tot. Rasha verlor nicht nur ihren jungen Ehemann, sondern auch die finanzielle Grundlage, ihre Familie zu ernähren. Die Mutter zweier Kinder befand sich in einer schrecklichen Lage, kaum dass der bewaffnete Konflikt begonnen hatte.

„Wir lebten in Damaskus, dann kamen wir nach Marmarita auf der Flucht vor dem täglichen Raketenbeschuss auf die Hauptstadt. Wir kamen 2012 hier an. Wenige Monate später wurde mein Mann getötet“, so Rasha mit einem Ausdruck tiefer Trauer in ihren Augen. Ihrem Blick merkt man an, was sie trotz ihrer Jugend alles durchgemacht hat. Neben ihr sitzen ihre Kinder, der 10-jährige Michael und die 8-jährige Rachel. „Schon vor dem Tod meines Mannes war das Leben schwer. Die Kinder mussten die Schule abbrechen, denn sie wurde wegen des Kriegs geschlossen. Wir überlebten dank unserer wenigen Ersparnisse, bis Michael eine neue Arbeit fand“.

Solche Geschichten hört man im ganzen Land. Das herzzerreißende Zeugnis tausender Frauen – regelrechter Mütter Courage –, die ihre Kinder und Ehemänner im Krieg verloren haben. Sie verlieren nicht nur geliebte Menschen, sondern auch die Einnahmequelle für die Familie.

Eine solche Geschichte erzählt ebenfalls Darin Abboud, die erst kürzlich Witwe wurde. Ihr Mann starb, nachdem er vor zwei Jahren einen Gehirnschlag erlitten hatte. „Ich arbeite als Selbstständige, mal als Friseurin, mal auf dem Feld bei der Obst- und Gemüseernte. Ich mache alles Mögliche, um den Unterhalt für meine Töchter zu verdienen“, sagt die 38-jährige Mutter. „Meine fünf Töchter sind die Motivation für mein Leben. Mein Glück besteht darin, dass sie weiter lernen, eine Arbeit finden und glücklich werden.“

Die älteste Tochter ist die 18-jährige Maya. Sie macht bald Abitur, auch wenn sie noch nicht weiß, was sie studieren möchte. Dann kommen die 12-jährigen Zwillinge Maram und Mary, die sehr gut singen: „Wir haben im Kirchenchor singen gelernt. Wir singen sehr gerne dort.“ Mirna ist die vierte. Sie kann wunderschöne Gedichte in einem Arabisch aufsagen, das lieblich und zart klingt. Meriam ist nicht nur die Jüngste, sondern auch die Fröhlichste und Ausgelassenste. Die Erinnerung an den Vater hat die Daseinsfreude der Familie nicht auslöschen können.

Gemäß der Weisung des Evangeliums, die Ärmsten und Hilflosesten zu trösten, unterstützt die Ortskirche dank der Stiftung Kirche in Not diese Frauen, Witwen und Mütter Courage, die sich einer besonders schwierigen Herausforderung stellen müssen.

„Die Hilfe aus der Pfarrei ist sehr wichtig für uns. Zwar haben uns unsere Nachbarn und Verwandte sehr geholfen“, so Darin. „Aber ohne die finanzielle Unterstützung durch die Kirche weiß ich nicht, was aus mir und meinen Töchtern geworden wäre.“ Sie betont, dass die Pfarrgemeinde sie seit dem Tod ihres Mannes unterstützt habe. Bis heute habe sie keinen Mangel erlitten.

Mehr als 2.000 Familien erhalten jeden Monat Nothilfe von Kirche in Not durch das Hilfezentrum St. Peter der katholisch-melkitischen Kirche in Marmarita. „Diese Unterstützung hat uns den Glauben und die Hoffnung wieder gegeben“, so Rasha. „Wir haben die Nähe der Kirche erfahren. Dies hat dazu geführt, dass wir uns mehr in der Gemeinde engagieren. Ich gehöre zum Freiwilligen-Team, das die Nothilfe für die vertriebenen Familien im Tal der Christen koordiniert.“ Während sie den Tee serviert, erzählt Rasha Drazy, dass sie eines Tages entschieden habe, sich nicht von der Verzweiflung überwältigen zu lassen. Sie wolle vielmehr Menschen helfen, die so wie sie die schlimmsten Augenblicke ihres Lebens durchmachen. „In unserer heutigen Lage kann man kaum wissen, was die Zukunft bringen wird. Deshalb versuchen wir mit dem Wenigen, was wir haben, jeden Tag zu leben, so gut es geht. Ich versuche meinen Kindern den Glauben beizubringen, die Freude, Jesus nahe zu sein. Dies hilft uns, in den schwierigen Zeiten die Hoffnung nicht zu verlieren.“

Darin und ihre Töchter sparen ihrerseits nicht mit Dank: „Die Menschen, die uns helfen, verändern das Leben vieler Familien. Besonders denjenigen, die uns helfen, ohne uns zu kennen, sage ich: Ihr gebt ein wichtiges Zeugnis der Großzügigkeit. Vielen Dank.“

Kirche in Not hilft seit 2013 tausenden Familien, die im sogenannten Tal der Christen Schutz vor dem Krieg gesucht haben. Dank der Großzügigkeit vieler Wohltäter in der ganzen Welt konnte Kirche in Not 20 Projekte durchführen: für Lebensmittelscheine, ärztliche Betreuung, Schulstipendien für Kinder und Jugendliche sowie Miethilfe für die ärmsten Familien.

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